Leopold Kardas

Absolvent TH Rosenheim, Pflege dual (B. Sc.)

Mein Studium der Philosophie und der Germanistik warf ich hin, nachdem ich in den Semesterferien ein Praktikum in der Pflege absolvierte. Die Welt der Psychiatrie zog mich in ihren Bann und ich tauschte den universitären Hörsaal gegen die Trias aus Lehre an der Hochschule, Unterricht an der Berufsfachschule und Arbeit im Krankenhaus. Nach der Ausbildung arbeitete ich weiterhin als Krankenpfleger auf einer Kriseninterventionsstation für Menschen mit Psychosen, nach dem Bachelorstudium arbeitete ich für einige Monate als Lehrassistent an der Berufsfachschule, an der ich gelernt habe.

Nun absolviere ich ein Masterstudium „Angewandte Sozial- und Bildungswissenschaften“ an der Katholischen Stiftungshochschule in München und arbeite als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Hochschule Rosenheim. Hier forsche ich zusammen mit der mich betreuenden Professorin zum Thema Kompetenzen im Umgang mit technischen Assistenzsystemen in den Gesundheitsfachberufen. 

Warum haben Sie sich damals für ein Pflegestudium entschieden? War es für Sie die richtige Entscheidung und warum?

Die Möglichkeit des dualen Studiums ergab sich eher zufällig. Zuerst fiel die Entscheidung zur Ausbildung in der Krankenpflege, erst danach bekam ich das Angebot, die Ausbildung in Kombination mit dem damals neuen Pflegestudiengang zu absolvieren. Ursprünglich war es mein Plan, meine akademischen Pläne einfach nach hinten zu verschieben. Durch das duale Studium war es mir möglich, beides miteinander zu verbinden. Dadurch konnte ich schon in einem relativ frühen Stadium meines Berufslebens Erfahrungen in der Pflegepraxis, später in der Pflegepädagogik und nun in der Pflegewissenschaft sammeln.

Ein duales Studium und insbesondere auch die relativ jungen Pflegestudiengänge verbinden Praxis mit wissenschaftlicher Theorie. Wie wichtig ist das aus Ihrer Sicht für die Pflege?

Die Frage danach, was gute Pflege ist und leisten soll - oft als Qualitätsfrage trivialisiert - ist letztlich die Frage nach einem guten und gelingenden Leben. Sie ist nur vor dem Hintergrund anthropologischer und ethischer Zusammenhänge verständlich und nur vor dem Hintergrund individueller menschlicher Lebenswelten beantwortbar. Die Pflege eines Menschen konfrontiert uns Pflegende zu beinahe jedem Zeitpunkt mit Problemen unserer moralischen und professionellen Verantwortung in einem Gesundheitssystem, welches nur den Gesetzen technischer Rationalität gehorcht. Die Theorie befähigt uns dazu, trotz der damit verbundenen Dilemmata und Widersprüchlichkeiten handlungsfähig und reflektiert zu bleiben. 

Noch gibt es nicht so viele Studierende der Pflegewissenschaft. Warum sollte man Pflegewissenschaft studieren? Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Der Zeitgeist bringt junge Menschen hervor, die nicht nur auf der Suche nach Karriere, sondern nach einer für die Gemeinschaft sinnvollen Lebensaufgabe und einer Verwirklichung ihrer Ideale sind. Der Pflegeberuf könnte diese Wünsche prinzipiell einlösen. Wir benötigen hierfür aber mehr autonome Handlungsspielräume und gesetzlich verankerte Tätigkeitsvorbehalte, um es hochqualifizierten Pflegenden zu ermöglichen, als Experten in der direkten Patientenversorgung tätig zu werden. Die Pflegewissenschaft kann hoffentlich den Stein des Anstoßes liefern, um die Expertise auch in der direkten Pflege zu etablieren, und nicht nur im Management oder der Pädagogik. Trotz der vielen Windmühlen, gegen die die berufliche Pflege in Deutschland seit Jahrzehnten ankämpft, bin ich immer noch davon überzeugt, dass die berufliche Pflege eine gute Berufsentscheidung ist. „Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen“ (Albert Camus).